Gabriele Harder
Warum machen Medikamente gegen Angst, Angst?
In meiner psychotherapeutischen Praxis wie auch in der Reha Klinik für Alkohol- und Medikamentenabhängige, in der ich regelmäßig als Honorarkraft arbeitete, stellen sich immer häufiger Menschen mit Angst und Panikstörungen vor. In meiner Praxis stellt dieses Symptombild bereits 70% dar.
Wenn die Betroffenen noch nicht regelmäßig Benzodiazepine gegen Angststörungen wie z.Bsp. Tavor, Valium, Rohypnol etc. einnehmen ist es relativ leicht, schnell eine gute, empathische, therapeutische Beziehung herzustellen und an dem einer Angststörung zugrunde liegendem seelischem Konflikt zu arbeiten.
Meist stellen sich die Angstattacken, unmittelbar nachdem der Konflikt gefunden und angeschaut wurde, sofort wieder dauerhaft ab.
Stellt sich aber ein Klient mit einer Angststörung vor, der seit Wochen oder Monaten regelmäßig Benzodiazepine einnimmt, ist die Möglichkeit der Herstellung einer empathischen therapeutischen Beziehung schon selten gegeben, da diese Medikamente eine ganze Reihe von 'Nebenwirkungen' mit sich bringen die eine Therapie, bei gleichzeitiger, weiterer uneingeschränkter Einnahme des Medikaments, fast unmöglich machen.
siehe hierzu auch:
http://www.drogen-wissen.de/DRUGS/DW_GE/benzodiazepine.shtml
http://de.wikipedia.org/wiki/Benzodiazepine
Nebenwirkungen von angstlösenden Medikamenten
Das zunächst augenscheinlichste Hindernis liegt in der Schwierigkeit,
das die Gedächtnisleistung häufig eingeschränkt und die emotionale Schwingungsfähigkeit kaum noch vorhanden ist. Das heißt die Betroffenen fühlen sich emotional stumpf, werden leicht vergesslich und können an manchen Tagen kaum klar denken.
Die zu diesem Bild gehörenden Schlafstörungen tun ihr übriges. Nicht selten werden auch dagegen noch weitere suchtgefährdende Schlafmittel verschrieben.
Weil ein dermaßen eingeschränktes Gefühlserleben kaum zu ertragen ist, gesellt sich in der Regel noch eine Depression dazu. Gegen diese gibt es natürlich auch Antidepressiva oder Tranquilizer.
Eine Vielzahl der Benzodiazepine haben die Eigenschaft, die unter 'Nebenwirkungen' aufgezählten Möglichkeiten hervorzurufen, wie zum Beispiel: Ängste, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen. So können diese Nebenwirkungen den Eindruck erwecken, das sich das Grundproblem der Betroffenen verschlimmert hätte.
Dazu kommt das sich der Körper sehr schnell an die Chemikalien gewöhnt und die Dosis, jeweils nach ein paar Wochen, gesteigert werden muss um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Wenn erst einmal die höchstmögliche Dosis erreicht ist, beginnt der Beschaffungsdruck.
Aus vielen persönlichen Berichten von Betroffenen kann ich den Verlauf so beschreiben: Der Arzt der die Medikamente zunächst bedenkenlos verschrieben hatte, meldet plötzlich Bedenken aufgrund der hohen Dosis an und ist nicht mehr bereit diese in dieser Vielzahl oder Höhe zu verschreiben.
Häufig wird erst an diesem Punkt an einen Psychiater, oder Psychotherapeuten verwiesen. Die Wartelisten für eine Therapie sind aber lang und so muss man auf einen Therapieplatz in der Regel Monate warten.
Oft ist es auch so, das diese Medikamente, aufgrund der langen Wartezeit, verschrieben werden um die Zeit bis dahin zu überbrücken. Leider kann das aber eine Therapie sehr erschweren oder sogar unmöglich machen.
Ein Teufelskreis
In dieser Zeit leben die Betroffenen in einem Teufelskreis von Angst und Entzug und der ganze Tag dreht sich nur um den Gedanken wie man genügend 'Vorräte' besorgen kann. Es ist Gang und Gebe sich in dieser Phase bei mehreren Ärzten gleichzeitig vorzustellen und bei jedem dieser Ärzte regelmäßig ein Rezept für 'sein Medikament' zu holen.
Aufgrund der Nebenwirkungen und der zunehmenden emotionalen Apathie, haben sich zu diesem Zeitpunkt die lebenswichtigen sozialen Beziehungen bereits massiv verschlechtert oder teilweise schon ganz eingestellt.
Die ausgeprägte Todesangst die der Betroffene während einer Panikattacke real empfindet, kann jemand der dieses noch nie erlebt hat, sich nicht mal ansatzweise vorstellen. Dies wiederum stellt das Grundproblem erneut in den Vordergrund, nämlich die Angst und ihr hilflos ausgeliefert zu sein.
Angst hat die Eigenschaft sich auszuweiten. Waren es am Anfang bestimmte Situationen oder kurze Momente in denen man sich mit der Angst konfrontiert sah, breitet sich als Folge der Nebenwirkungen, dem Verlust der sozialen Beziehungen und der erlebten Hilflosigkeit die Angst über den ganzen Tag und jede Lebenssituation aus und es entwickelt sich eine Angst vor der Angst.
An diesem Punkt taucht bei dem Betroffenen häufig der Gedanke auf, dass es so nicht weiter gehen kann und einige setzen das Medikament von einem auf den anderen Moment ab.
Da Benzodiazepine aber immer unter ärztlicher Kontrolle ausgeschlichen werden müssen kann das fatale Folgen und einen kalten Entzug bedeuten.
Der Betroffene kommt dabei allerdings so gut wie nie auf die Idee dass das an den 'vermeintlichen Helfer' (nämlich dem Medikament) liegt, sondern glaubt das nun sein Grundproblem noch viel schlimmer geworden ist und sieht häufig an diesem Punkt keinen Sinn mehr im Leben.
Nach dem abrupten Absetzen der Benzodiazepine ist der Suizid kein Einzelfall. Leider finden die meisten Patienten erst über diesen Weg in eine Rehaklinik, eine Suchtberatungsstelle oder in eine Psychotherapie, in der nach dem erfolgreichen Entzug an ihrem Grundproblem gearbeitet wird.
Fazit
Als Fazit dieser Entwicklung möchte ich an dieser Stelle eindringlich darauf hinweisen, das die Einnahme von Benzodiazepinen, aus meiner Sicht, nur als Hilfe in Akutsituationen hilfreich ist. Eine Jahresration sollte eine Packung nicht überschreiten.
Wir alle sind mit einer angeborenen, gesunden Angst, zur Welt gekommen. Angst gehört eigentlich gewissermaßen zum Leben dazu. Diese 'Gesunde Angst' hilft uns zu überleben. Sie macht uns darauf aufmerksam dass wir gerade in einer gefährlichen oder unsicheren Situation sind und das wir darauf angemessen reagieren sollten.
Leider reichen unsere erlernten oder gemachten Erfahrungen oft nicht aus, um ein seelisches Problem zu lösen. Die daraus entstehende Angststörung gehört schnellstmöglich in professionelle Hände. So wie ich in eine Werkstatt gehe weil ich mein Auto nicht selber reparieren kann, so kann ich mir auch professionelle Hilfe für meine seelischen Probleme holen.
Dabei stehe auch ich Ihnen in meiner Praxis, als psychotherapeutische Heilpraktikerin, gerne zur Verfügung.
Autor des Artikels und inhaltlich verantwortlich: Gabriele Harder
Datum des Eintrags: 07.04.11
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